Jan Honza Choutka in seinem ZET Ninja, King of the Alps, 2023,
Foto/Copyright: Martin Frick

In den 1970er Jahren begann der Alpine Kajak Club (AKC) aufgrund zahlreicher schwerer Kajakunfälle damit, Sicherheitsausrüstung und -richtlinien für das Wildwasserfahren zu entwickeln. Dabei wurde auch der Wurfsack – oder auch „Wurfseil“ – eingeführt, da er eine entscheidende Rolle bei der Rettung von Kajakfahrern spielt.

„Der Wurfsack ist das wichtigste Rettungsgerät des Kajakfahrers, welches immer dabei ist. Ist man im Boot, ist der Wurfsack entweder im Boot oder am Mann befestigt, verlässt man das Boot wird der Wurfsack mitgenommen (z.B: um eine Stelle zu besichtigen etc.)“ so der AKC in seinem Handout zum Thema (https://alpinerkajakclub.de/safety/).

Die Anforderungen an ein Wurfsackseil im Detail

Im AKC-Handout erfahren wir auch, wofür der Wurfsack eingesetzt werden kann und soll:

  • Rettung eines Schwimmers aus der Strömung/Rücklauf/Verklemmsituation
  • Absicherung gefährlicher Stellen durch Einsatz einer Springersicherung oder zur Rettung eines Schwimmers oder Material durch einen Springer
  • Zum Aufbau eines Flaschenzuges zur Materialbergung
  • Zum Ablassen von Material oder zur Not auch zum Abseilen
  • Als Geländerseil bei schwierigen und gefährlichen Umtragen (Quelle: PDF Download Wurfsack, s.o.)

Dies wirft bestimmte Anforderungen an die Leistung von Wurfsackseilen auf und wir fragen uns, inwieweit die aktuellen Modelle auf dem Markt diesen Anforderungen gerecht werden. Diese Thematik wurde von Ralf Schneider, auch bekannt als Flash, aufgegriffen. Er führte umfangreiche und akribisch dokumentierte Versuchsreihen durch, um eine umfassende Marktübersicht zu erstellen und dabei neue Erkenntnisse zu gewinnen. Der Ausgangspunkt seiner Untersuchungen war die Feststellung, dass die vom Hersteller angegebene Bruchlast in der Praxis für Kajakfahrer kaum relevant ist, insbesondere wenn sie ohne Knoten gemessen wird.

Inwieweit entsprechen die Wurfsackseile den praktischen Anforderungen?

Die Hersteller liefern Angaben zur Bruchfestigkeit ihrer Seile, jedoch ist die Beanspruchung eines Seils ohne Knoten in realen Situationen kaum relevant. Daher war Ralf, alias Flash, daran interessiert, eine praxisnahe Herangehensweise zu entwickeln, um eine praktische Orientierungshilfe für den Einsatz dieser Seile zu bieten.

Daher waren die folgenden Fragen der Kern seiner Forschung:

  • Wie gut hält ein Seil mit Knoten Zugkräften stand?
  • Welche Belastung muss ein Seil aushalten, das zur Rettung von Personen verwendet wird?
  • Welche Festigkeit benötigt ein Seil, das bei der Materialbergung mit einem Flaschenzug eingesetzt wird?
  • Bis zu welchem Durchmesser kann ein nasses Seil noch bequem von Hand gezogen werden?
  • Welche Dehnung ist akzeptabel, wenn ein Vektor- oder Flaschenzug erstellt wird?
  • Wie viel Wasser kann ein Seil aufnehmen, um in einem Wildbach an der Oberfläche zu bleiben?
  • Warum sollte ein Seil nach der Materialbergung mit einem Vektor- oder Flaschenzug ersetzt werden?
  • Kann man sich sicher an einem Wurfsackseil abseilen? (Die Antwort lautet in den meisten Fällen eher nein)

Ergebnisse und Marktübersicht über die aktuellen Wurfsackseile

Die Ergebnisse seiner Tests mit den derzeit auf dem Markt erhältlichen Wurfsackseilen sind äußerst gut dokumentiert und daher reproduzierbar. Dennoch ist es subjektiv, welche Werte als ideal, akzeptabel oder inakzeptabel angesehen werden. Ein nasses Seil mit 8 mm Durchmesser mag für einige immer noch ausreichend stabil sein, während es für andere bereits zu dünn ist, um effektiv Kraft aufzubauen.

Allerdings zeigt seine umfangreiche Forschung und seine langen Testreihen Folgendes deutlich:

  • Es gibt Seilmodelle, die sich besser für die Rettung von Personen eignen als andere.
  • Es gibt Seilmodelle, die bevorzugt werden sollten, wenn es hauptsächlich um die Bergung von Material geht.
  • Es wird offensichtlich, dass bestimmte Werte, abhängig von ihrem Verwendungszweck, nicht unterschritten werden sollten.
  • Es existiert keine Norm für Wurfsackseile, und daher sind keine dieser Seile grundsätzlich für das Abseilen von Personen geeignet (außer speziellen Canyoning-Seilen).
  • Die Anforderungen in der Praxis sind äußerst vielfältig, sodass es schwer ist, für jeden Einsatzzweck das perfekte Seil zu finden. Daher ist es sinnvoll, über die Verwendung von zwei verschiedenen Seilen nachzudenken. Außerdem gilt die Regel: Jedes Seil ist besser als gar keines.